DER IRRTUM

Klein Franz ist ganz allein zu Haus
Er fürchtet sich so sehr
Denn heute kommt der Nikolaus
zum ersten Mal hierher.
Doch Vater, der versprach ihm ja
Dann wieder hier zu sein
Auch Mutter ist bald wieder da
Dann bleibt er nicht allein
Doch plötzlich poltert es ans Tor
Da klopft doch jemand an
Der Knabe spitz erschreckt das Ohr
Das ist der Weihnachtsmann
Von Fränzchens Stirne tropft der Schweiss
Er fühlt sich schwach und klein
Doch beschliesst er kreidebleich
Ich lasse ihn herein
So öffnet er das Eingangstor
Das ist der Nikolaus?
Ein armer Bettler steht davor
Franz zieht die Stirne kraus
„Hm“, denkt er sich,“ von einem Stock
hat Vater mir erzählt,
von einem purpurroten Rock
von einem Sack – doch alles fehlt.
Nur dieser dichte, weisse Bart
Den ich da vor mir seh
Das ist doch Nikolausens Art
Ein langer Bart so weiss wie Schnee
Das ist bestimmt der Weihnachtsmann
Der sieht so harmlos aus
Der macht mir nichts, ich sehs ihm an
Ich lasse ihn ins Haus
Der Bettler tritt erfreut herein
Es leuchtet sein Gesicht
Von seinem Herzen fällt ein Stein
Er ahnt den Irrtum nicht.
Im warmen Hause hört sich Franz
Die schönsten Märchen an
Und seine Augen glänzen ganz

Sprich weiter Weihnachtsmann.

Doch bleibt dabei die Zeit nicht stehn
Bald ist es finstre Nacht
Der Bettler meint: Jetzt muss ich gehn
Es ist schon zehn nach Acht.
Franz lässt ihn traurig aus dem Haus
Es war so wunderbar
Auf Wiedersehen, Nikolaus
Komm wieder nächstes Jahr
Doch kaum ist dieser erste fort
Klopft es schon wieder an
Klein-Fränzchen staunt, wer steht denn dort
Ein zweiter Weihnachtsmann?
Ja, sieh wie Vater mir gesgt
Ein Rock aus rotem Tuch
Und aus dem vollen Sacke ragt –
Die Rute und das Buch
Doch seht euch nur den Vollbart an
Der ist aus Watte gar
Dies ist ein falscher Weihnachtsmann
Das ist doch sonnenklar
„He, Nikolaus, was suchst Du hier?
Dein Bart ist selbstgemach
Du meinst ich fürchte mich vor Dir
Das wäre ja gelacht
Der wirklich echte Nikolaus
Der kehrte bei mir ein
Er sah bedeutend echter aus
Zwar war er etwas klein
Doch hör, sein Bart war weiss und dicht
Und garantiert auch echt
Dies ist dein Bart beileibe nicht
Gibs zu, ich habe recht“
„Tja“ stammelt da der Weihnachtsmann
„dann muss ich leider gehn
wenn ich zu Dir nicht kommen kann
nun denn, auf Wiedersehn“
So stapft er weiter durch den Schnee
Franz scheint es sonderbar
Er kommt wohl nie auf die Idee
Dass dies ein Irtumm war.

Dieser Beitrag wurde am von unter Chlausversli veröffentlicht.